sábado, 7 de abril de 2012

Die spinnen, die New Yorker!

Selbst so unterschiedliche Komponisten wie Franz Schubert und Morton Feldmann können etwas gemeinsam haben - das belegt das junge Ensemble The Knights aus New York. Konzept-CDs wie ihre gibt es zwar viele, aber so viel Spaß machen sie selten.





Gretchens Schicksal ist hart. Das unterstreicht Franz Schubert in seinem Lied "Gretchen am Spinnrade" op. 2, das eine Momentaufnahme aus Goethes "Faust" anrührend gestaltet: Es fängt die Situation des unglücklichen Mädchens schnurrend und emsig drehend ein, spielt mit der Vorstellung des Gedanken-Spinnens, die doch nur tiefer in die Vorstellung der Ausweglosigkeit führt. Dazu gibt es eine Orchesterfassung, arrangiert vom russischen Geiger und Komponisten Lljova (eigentlich Lev Zhurbin): In einer kammermusikalischen Intensivierung scheinen Gretchens Emotionen auf, sie fällt in eine Trance der sanften Verzweiflung, das Unheil des Schlusses im Gefängnis deutet sich in Ferne an.

Das junge New Yorker Orchester The Knights meistert dieses im Kern einfache und doch fordernde Stück auf einem Album, das begeistert - vorausgesetzt, man legt nicht allzu viel Wert auf Genregrenzen und Stilschranken. Denn auf der CD "A Second of Silence" unternehmen die Musiker auch einen Besuch im Salon des Komponisten Eric Satie, dessen filigrane, pastellen schimmernde Klänge sie delikat auffächern. "Gymnopédie I" und "II" heißen die beiden nur gut zweiminütigen Werke, die wie Salon-Meditationen klingen und durchscheinend schweben müssen. Die Voraussetzung dazu schufen die Arrangements für Kammerorchester von Claude Debussy. 

Gespenstische Stimmungsbilder

So etwas können The Knights hervorragend. Die ersten Musikerinnen und Musiker des New Yorker Ensembles machten zunächst mit ihrem heutigen Leiter und Dirigenten Eric Jacobsen gemeinsam Kammermusik - eine gute Schule für Klangsinn und Disziplin. Da dieser Kern aus Studenten hochrangiger Musikschulen wie der Juilliard School in New York bestand, sammelten sich bald ähnliche Talente um den Maestro Jacobsen, die genau wie er vor allem Ungewöhnliches und Abenteuerliches unternehmen wollten und dies seit 2007 auch tun.

Klassisches Repertoire spielt die inzwischen auf Orchesterstärke von 39 Mitgliedern angewachsene Truppe ebenso gern wie zeitgenössisches Repertoire sowie Pop und Jazz. Dabei suchen und finden sie stets Querverbindungen. Auf "A Second of Silence" spielen sie neben den Werken von Schubert und Satie auch das viersätzige "Company" vonPhilip Glass und Morton Feldmans gespenstisches Stimmungsbild "Madame Press Died Last Week at Ninety", alles Studien in variierten Wiederholungen, die eben gerade nicht langweilig werden, sondern durch ihre repetitive Struktur mit wechselnden Akzenten stetig intensiver wirken.

Natürlich gehören die Schubert-Symphonien Nr. 3 und die berühmte Achte ("Unvollendete") nur mit ein wenig Um-die-Ecke-Denken ins Programm "Wiederholungen", doch beide beinhalten durchaus Momente des Insistierens. Und wer je die deutsche TV-Version des Fontane-Romans "Der Stechlin" gesehen hat, mit dem Intro der galoppierenden Pferde zu Schuberts achtem Symphonie-Anfang, wird die rhythmische Bewegung dieses Allegro stets mit dem gleichmäßig fließenden Pferde-Ausritt verbinden.

Klanglich gebieten The Knights noch nicht über die Palette eines Traditionsorchesters, aber ihr Sound besitzt doch Individualität und transportiert Spielfreude, so das die knapp 70 Minuten ihrer CD nie langweilig werden. Im Booklet finden sich nicht zu ausufernde Infos zu allen Stücken, was den Reiz der Interpretationen noch erhöht.

No hay comentarios:

Publicar un comentario